VFLL Leitfaden Freies Lektorat: Marketing, Werbung, Akquise

Freie Lektorinnen und Lektoren sind Geschäftsleute, die eine Dienstleistung zu verkaufen haben.

Wer von selbstständiger Tätigkeit leben will, muss die eigene Arbeit zu Markte tragen: die richtigen Kunden und Auftraggeberinnen finden – und sich für diese auffindbar machen. Ihnen das Richtige anbieten und dafür einen Preis aushandeln, der für beide Seiten passend ist.

Und das immer wieder. So lange, wie ein Dienstleister am Markt bleiben will, muss er sein Angebot präsentieren. Wer sich als freie Lektorin oder als freier Lektor selbstständig macht, muss seinen Platz auf dem Markt finden und die eigene Leistung an den richtigen Kunden oder die richtige Kundin bringen. Dabei geht es um folgende Fragen:

Welche Leistungen kann und will ich anbieten?

Hierzu gehören neben den Tätigkeiten beziehungsweise den Arbeitsergebnissen auch Fähigkeiten wie Stressfestigkeit, Geduld im Umgang mit chaotischen Autorinnen und Autoren, Entscheidungsfreude oder selbstbewusstes Auftreten. Je nach Art der Aufträge entscheiden solche Eigenschaften darüber, ob die Lektorin oder der Lektor passt oder nicht. Der freie Lektor oder die freie Lektorin sollte sich also vor allem darüber klar werden, mit welchen Kunden, in welchem Umfeld, mit welchen Anforderungen er oder sie besonders gut arbeitet, womit er oder sie weniger gut zurechtkommt und womit gar nicht.

Wer braucht diese Leistungen – und bezahlt sie angemessen?

Es geht darum, Kundinnen und Kunden zu finden, die dem Lektorat Wert beimessen und es entsprechend bezahlen. Deshalb zählen Imbissbuden trotz ihrer oft fehlerreichen Speisekarten nicht zu den aussichtsreichen Auftraggeberinnen. Dagegen kann ein Fachautor, der einen Artikel in einem angesehenen Magazin veröffentlichen will, für ein gutes Lektorat durchaus einen Betrag ausgeben, der deutlich über seinem eigenen Autorenhonorar liegt.

Wie finde ich die richtigen Kunden für meine Leistungen?

Um herauszufinden, wer die richtigen Kundinnen und Kunden sind, muss der Dienstleister die Perspektive wechseln. Es geht nicht darum, was er tut oder kann, es geht darum, was die Kundin von dieser Leistung hat: Welchen Zweck erfüllt das Ergebnis der Dienstleistung für sie? Für einen Verlag kann das Lektorat den Zweck haben, den Text in eine gut lesbare Form zu bringen. Eine Werbeagentur braucht dagegen möglicherweise vor allem ein Lektorat, das Texte auf die Länge kürzt oder verlängert, die im Layout vorgesehen ist.

Wie werde ich von den richtigen Kundinnen und Kunden gefunden?

Dafür gibt es nur eine Lösung: Man muss sich selbst bekannt machen, und dabei so auftreten, dass Interessenten – aus den richtigen Gründen – überzeugt werden, ein Angebot anzufragen.
Die wirksamste Form der Werbung ist die persönliche Empfehlung. Es heißt also vor allem, Kontakte mit potenziellen Kunden und potenziellen Partnerinnen zu knüpfen. Auch Kontakte zu Berufskolleginnen und -kollegen sind sehr wertvoll, wenn beide Seiten bei aller gegenseitigen Hilfsbereitschaft daran denken und respektieren, dass man auch in Konkurrenz steht. Um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, bieten sich beispielsweise Unternehmertreffen, Veranstaltungen mit anschließenden informellen Begegnungen oder Selbstständigenstammtische sowie entsprechende Netzwerke und Foren im Internet an. Kontaktarbeit zahlt sich aus – wenn auch in der Regel nicht unmittelbar und nicht sofort. Wichtig ist, dass die freie Lektorin/der freie Lektor bereit ist, zuerst etwas zu geben, das sie oder ihn nicht viel kostet, beispielsweise eine Information, die für den anderen aber nützlich ist. Auf die eine oder andere Weise wird früher oder später etwas zurückkommen.

Damit die richtigen Kunden und Kundinnen sich angesprochen fühlen, sollte sich das Selbstverständnis der Dienstleisterin in ihrem Geschäftsauftritt widerspiegeln: Wer auf Professionalität und Qualität setzt, braucht eine professionell gestaltete Geschäftsausstattung (Visitenkarte, Briefpapier etc., jeweils auch in digitaler Form) und eine entsprechende Homepage. Außerdem sollte ein Flyer (auf Papier und digital) vorhanden sein, der einem Interessenten nach einem Telefonat oder bei einem persönlichen Gespräch in die Hand gegeben beziehungsweise zugeschickt werden kann.

Aufbau eines Werbeflyers, wie er sich für individuelle Dienstleistungen bewährt hat:

Beschrieben wird ein DIN-lang-Folder (DIN A4), zweimal gefaltet. Die Spalten sind in der Reihenfolge aufgeführt, in der sie der Leser/die Leserin sieht. Das Prinzip, nach dem er aufgebaut ist, lässt sich auch auf andere Formate oder Medien übertragen.

Vorderseite (außen rechts)
Das „Titelblatt“. Hierhin gehören Name und Logo des Anbieters sowie kurz und prägnant die angebotene Leistung, beispielsweise „Korrektorat und Lektorat für Werbung und PR“. Die Leserin muss sofort erkennen, dass sie gemeint ist. Sie muss unmittelbar verstehen, was ihr angeboten wird, und eine positive Vorstellung von der Anbieterin oder dem Anbieter bekommen.

Eingeklappte Seite (außen links)
Zusammenfassung des konkreten Angebots. Gut sind Stichworte oder kurze Sätze, gern mit Aufzählungszeichen, zum Beispiel: Brauchen Sie … ?
Wollen Sie außerdem … ?
Von mir erhalten Sie …

1. Innenseite (innen links)
Vorstellung der Dienstleisterin/des Dienstleisters. Am besten mit einem Foto, damit der Leser sich einen Menschen vorstellt, zu dem er eine Beziehung herstellen kann. Dazu die Angaben, die wichtig sind, um die Qualifikation und die Stärken des freien Lektors/der freien Lektorin deutlich zu machen. Der Tonfall sollte persönlich, aber nicht privat sein. Gegebenenfalls kann hier auch ein Zitat einer zufriedenen Kundin oder eines zufriedenen Kunden stehen, das die freie Lektorin/den freien Lektor positiv und möglichst aussagekräftig beschreibt.

2. und 3. Innenseite (innen Mitte und rechts)
Genauere Beschreibung des Leistungsangebots. Schön ist es, wenn die beiden Spalten jeweils runde, in sich geschlossene Texte enthalten, die miteinander korrespondieren. Beispielsweise kann in der Mitte das Korrektorat beschrieben werden, rechts Lektorat. Achtung: Diese Texte sollten aussagekräftig, aber nicht zu ausführlich oder zu detailliert sein!

Rückseite (außen Mitte)
Hier steht eine freundliche Aufforderung, anzurufen oder eine E-Mail mit einer unverbindlichen Anfrage zu schicken. Dazu natürlich die vollständigen Kontaktdaten inklusive Webadresse. Optisch abgesetzt können hier noch ein paar besonders wichtige Referenzen aufgeführt werden – Referenzen sind nach der persönlichen Empfehlung die wirksamste Werbung. Unternehmen dürfen auch ohne ausdrückliche Zustimmung als Referenz genannt werden. Es ist aber ratsam, telefonisch oder per E-Mail um diese Erlaubnis zu bitten – das dient zugleich der Kontaktpflege zu den Kundinnen und Kunden, denen die freie Lektorin/der freie Lektor auf diese Weise signalisiert: „Ich schätze Sie als Kunde/Kundin.“

Werbung sollte von Profis gemacht werden.

Wenn die freie Lektorin/ der freie Lektor den Text für den Folder, die Website oder das Mailing selbst schreibt, sollte dieser auf jeden Fall vor der Veröffentlichung in ein gutes Lektorat gegeben werden. Denn Lektorinnen und Lektoren geht es nicht anders als anderen Autoren: Tippfehler, inhaltliche Lücken und ungenaue Argumentationen im eigenen Text übersieht man selbst immer am leichtesten.

Die beste Werbung ist eine persönliche Empfehlung.

Auch der zufriedenste Kunde denkt nicht unbedingt von sich aus daran. Deshalb empfiehlt es sich, Aufträge, die gut gelaufen sind, immer so abzuschließen: „Sind Sie mit meiner Arbeit zufrieden? – Dann empfehlen Sie mich weiter!“